Meerschweinchen in der Pubertät: Chance und Herausforderung für die Mensch-Tier-Beziehung

Wenn das niedliche Babymeerschweinchen zum Pubertier wird, dann sollte sich der Mensch pädagogisch und fürsorglich verhalten. Denn diese wichtige Prägephase bietet die Chance, eine stabile Bindung aufzubauen, die ein Meerschweinchenleben lang halten kann.

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Gestern war das Meerschweinchen noch so klein und niedlich und heute ist es plötzlich frech und unangepasst? Wenn es zwischen sechs und neun Monate alt ist, dann ist es vermutlich in der Pubertät angekommen – nicht nur altersmäßig, sondern auch hormonell. „Die Pubertät ist bei Meerschweinchen ein wichtiges Thema“, sagt die Biologin und Meerschweinchen-Expertin Cornelia Drees. „In dieser Zeit kann viel schiefgehen in der Beziehung zwischen Mensch und Tier – sie bietet aber auch die Chance, die Bindung so zu festigen, dass sie während der restlichen Lebenszeit des Meerschweinchens bestehen bleibt.“

Meerschweinchen testen Grenzen aus

Pubertierende Meerschweinchen verhalten sich ein wenig wie menschliche Teenager – sie testen Grenzen aus, sie vergessen ihre Höflichkeit, sie schwanken zwischen Übermut und Unsicherheit. „Bei Meerschweinchen kann das so aussehen, dass sie im Zimmer neugierig weit wegrennen und dann plötzlich erschrecken und merken, dass sie ganz allein sind“, beschreibt Drees diese Phase. „Oder sie beißen mal testweise in den Finger des Menschen, von dem sie sich sonst gern kraulen lassen.“ Genau wie bei menschlichen Jugendlichen ist diese Zeit wichtig, um sich auszuprobieren und Fähigkeiten für das Erwachsenenalter zu erlernen.

Prägezeit für die Bindung nutzen

Wissenschaftler nennen die Pubertät die „zweite sensible Phase“, die auf die frühkindliche, von den Elterntieren beeinflusste Phase folgt. „Die Pubertät ist eine Prägephase beim Meerschweinchen, in der es sich aufgrund seiner Neugier und Lernbereitschaft besser auf den Menschen einlassen kann“, erklärt Drees. „Der Halter sollte sich diese Zeit zunutze machen und sich viel mit dem Tier beschäftigen. So kann eine ganz neue Freundschaft entstehen.“ 

Denn während Meerschweinchen normalerweise ihre Artgenossen als Bindungspartner vorziehen, so können sie in der Pubertät lernen, dass auch der Mensch Fürsorge und Wärme gibt und sie beschützt. Deshalb sei es sinnvoll, nicht mit größerem Druck auf die Possen des Kleintiers zu reagieren, sondern verständnisvoll und liebevoll zu bleiben und die neue Lernbereitschaft beispielsweise für Klicker- oder Targettraining zu nutzen – auch, wenn sich das Meerschweinchen mal kratzbürstig zeigt. IVH