Wasserschildkröten: Tipps für die tiergerechte Haltung der Panzertiere

Hübsch gezeichneter Panzer, Paddelfüße, neugierige Augen – insbesondere von Baby-Wasserschildkröten geht eine ungeheure Faszination aus. Vor dem Erwerb sollten sich zukünftige Halter aber intensiv mit den Ansprüchen der Reptilien auseinandersetzen, denn Wasserschildkröten reagieren sehr empfindlich auf Haltungsfehler und können – je nach Art – als ausgewachsene Tiere eine beachtliche Größe erreichen.

Erstaunliche Vielfalt

Von den aktuell bekannten 361 Schildkrötenarten leben ungefähr 300 in unmittelbarer Nähe oder direkt im Wasser. Die in Deutschland geläufige Bezeichnung „Wasserschildkröten“ umfasst dabei weder alle Arten, noch entspricht sie einer konkreten systematischen Zuordnung. Sie beschreibt vielmehr Arten aus Asien oder (Nord)Amerika, die häufiger im Zoofachhandel angeboten werden. Hierzu zählen u.a. die Schlammschildkröten (Kinosternidae), die Neuwelt-Sumpfschildkröten (Emydidae) mit den Gattungen der Zierschildkröten (Chrysemys), Echten Schmuckschildkröten (Pseudemys), Buchstaben-Schmuckschildkröten (Trachemys) und Höckerschildkröten (Graptemys) sowie die Altwelt-Sumpfschildkröten (Geoemydidae) mit den Bachschildkröten (Mauremys).

Durch die relativ willkürliche Zusammenfassung dieser teils sehr unterschiedlichen Gruppen unter dem Begriff „Wasserschildkröten“ kann leicht der falsche Eindruck entstehen, dass alle Arten die gleichen oder wenigstens sehr ähnliche Ansprüche an die Haltung und Ernährung stellen.

Wasserschildkröten – Die richtigen Tiere für mich?

Schon alleine wegen ihrer durchschnittlichen Lebenserwartung von 20 bis 40 Jahren und der teils stattlichen Endgröße einiger Arten von über 30 cm muss die Anschaffung von Wasserschildkröten sehr gut überlegt sein. Hinzu kommt, dass Schildkröten, wie alle Reptilien, wechselwarm und damit auf eine Wärmezufuhr von außen, inklusive Sonnenplätze an Land, angewiesen sind. Eine ganzjährige Haltung in Gartenteichen ist aus diesen Gründen NICHT möglich, da es in Deutschland – insbesondere im Frühjahr und Herbst – zu kalt für die Schildkröten ist. Einige Arten können aber in den Sommermonaten in Teichen gehalten werden, unter der Voraussetzung, dass diese speziell auf die Bedürfnisse der Tiere angepasst sind: Hierzu zählen trockene Sonnenplätze (mit Wärmestrahlern), flache, warme Wasserbereiche und genügend geeignete Ausstiege vom Wasser ans Land. Zudem sollte der Lebensraum für Wasserschildkröten gesichert sein. Zum einen gegen Ausbrüche der Tiere, da einige Arten in Europa potenziell invasiv werden können und somit der heimischen Artenvielfalt schaden können, wie etwa die Nordamerikanische Buchstaben-Schmuckschildkröte Trachemys scripta. Zum anderen besteht vor allem bei Jungtieren die Gefahr, dass diese zur Beute von Reihern oder Mardern werden. Ein Schutz vor potenziellen Fressfeinden, beispielsweise durch eine Übernetzung, kann daher ebenfalls sehr sinnvoll sein.

Wie viele Tiere?

Die tagaktiven Wasserschildkröten zeigen kein ausgeprägtes Sozialverhalten und können je nach Art einzeln, paarweise, in eingeschlechtlichen Gruppen oder im Harem gepflegt werden. Lediglich ein Überschuss von männlichen Tieren in gemischten Gruppen ist zu vermeiden. Zu erkennen sind die Männchen häufig an dem längeren, dicken Schwanz mit weiter nach hinten verlagerter Kloakenöffnung. Oft besitzen geschlechtsreife Männchen auch verlängerte Krallen an den Vorderbeinen.

Einige Arten (z.B. Moschusschildkröten) müssen aufgrund der hohen innerartlichen Aggression dagegen einzeln gehalten werden.

Verhaltensgerechte Unterbringung – Platz muss sein!

Die bewegungsaktiven Tiere benötigen große Aquaterrarien oder Aquarien mit einem geeigneten Wasser- und einem Landteil. Für ein bis zwei Tiere kleinbleibender Arten bis zu einer Panzerlänge von 20 cm eignen sich Größen ab 120 x 50 x 50 cm (Länge x Breite x Höhe); für die größeren Arten sollten für ein bis zwei erwachsene Tiere mindestens 200 x 100 x 70 cm Lebensraum zur Verfügung stehen.

Der Wasserteil sollte mindestens 2/3 der Grundfläche betragen. Die Höhe des Wasserstands im Aquaterrarium muss mindestens der Panzerlänge des größten Tieres entsprechen. Die Einrichtung sollte aus abgerundetem Kies sowie Aquarienwurzeln und großen Steinen bestehen, die teilweise aus dem Wasser ragen und auch einen einfachen Übergang zum fest installierten Landteil ermöglichen müssen. Als Bodengrund eignet sich Flusssand.

Ohne Technik geht es nicht!

Der Landteil muss über ausreichend Sonnenplätze mit entsprechender Wärme und UV-Licht für alle Tiere verfügen und ihnen die Möglichkeit geben, vollständig abzutrocknen. Die Temperatur an diesen Plätzen sollte um die 40 °C (z. T. bis 45 °C) betragen. Um eine hohe Lichtintensität sowie ausreichend UV-Licht zu gewährleisten, empfiehlt sich der Einsatz von Wärmestrahlern mit UV-Anteilen. Da die Leuchtmittel mit der Zeit immer weniger UV-Strahlung abgeben – hier sind die Herstellerhinweise zu beachten –, müssen diese regelmäßig ausgetauscht werden. Werden Weibchen gehalten, ist außerdem eine geeignete Eiablagestelle zwingend erforderlich. Diese sollte das Graben von Löchern in einem Sand-Erdgemisch zur Eiablage erlauben.

Da Wasserschildkröten sehr empfindlich auf eine Verschlechterung der Wasserqualität reagieren, muss eine leistungsstarke Filterung – idealerweise ein Außenfilter – vorhanden sein. Die Wassertemperatur sollte je nach Herkunft der Arten bei etwa 24 bis 28 °C liegen. Dies kann mit einem Thermo-Außenfilter oder einem speziellen Heizstab für Wasserschildkröten erreicht werden. Der Heizstab muss jedoch so gesichert sein, dass sich die Tiere nicht daran verbrennen und/oder einklemmen können.

Als Grundbeleuchtung eignen sich Leuchtstoffröhren; die Beleuchtungsdauer sollte 10 - 14 Stunden täglich betragen. Nachts darf die Temperatur leicht absinken. Zur Messung der Temperaturen ist ein präzises Thermometer erforderlich.

Vorsicht, verfressen!

Wasserschildkröten sind gierige Fresser und haben kein Sättigungsgefühl. Daher muss nicht nur auf die richtige Zusammensetzung der Nahrung, sondern vor allem auch auf die richtige Menge geachtet werden. Die meisten Arten sind Allesfresser, viele fressen mit zunehmendem Alter aber vermehrt pflanzliche Kost.

An pflanzlichen Futtermitteln können beispielsweise Wasserlinsen, Kräuter oder Salat – beispielsweise Rucola-, Romana- oder Feldsalat – angeboten werden. Gemüse und vor allem Obst sind weniger gut geeignet. Gerade die pflanzlichen, kalorienarmen Futtermittel können – im Gegensatz zu tierischen Futtermitteln – ständig angeboten werden und versorgen die Tiere zudem mit den notwendigen Vitaminen.

Tierische Futtermittel, wie Frostfutter, Garnelen, Fisch, Bachflohkrebse und Insekten, müssen dagegen rationiert werden, um ein gefährliches Übergewicht zu vermeiden. Die überschüssigen Pfunde sitzen nämlich im Panzer und drücken auf das Herz und die Lungen. Als Maßstab für eine geeignete Portionsgröße kann die Kopfgröße (ohne Hals) der Tiere herangezogen werden. Während Jungtiere in den ersten Lebensmonaten täglich eine Portion tierischen Futtermittel erhalten, sinkt das Fütterungsintervall bei erwachsenen Tieren auf alle 2 bis 3 Tage. Gelegentlich können auch Pellets für Wasserschildkröten zugefüttert werden. Wichtig ist zudem eine gute Versorgung mit Mineralstoffen, insbesondere Kalzium, beispielsweise über Sepiaschalen.

In der Fachliteratur finden sich auch artspezifische Rezepte für sogenannten Schildkrötenpudding.

Pflege

Der Filter zur Reinigung des Wassers sollte regelmäßig kontrolliert und bei Bedarf gereinigt werden. Ein regelmäßiger, wöchentlicher Teilwasserwechsel von mindestens 25 Prozent des Wasservolumens entfernt Schadstoffe und erhöht das Wohlbefinden der Tiere. Zur Keimreduzierung können UV-Klärer eingesetzt werden. Regelmäßiges Abmulmen des Bodengrundes durch spezielle Saugglocken trägt ebenfalls zur Reduzierung der Wasserbelastung bei. Für den Wasserwechsel sollte temperiertes Wasser verwendet werden.

Zur natürlichen Darmflora von Wasserschildkröten gehören häufig auch Salmonellen, die für die Tiere harmlos sind, aber beim Menschen zu Erkrankungen führen können. Durch Hygienemaßnahmen (gründliches Händewaschen nach dem Umgang mit den Tieren oder den Arbeiten im Aquaterrarium) kann eine Ansteckung vermieden werden. Eine erhöhte Hygiene ist vor allem in Haushalten mit Kleinkindern, älteren Familienangehörigen oder immunsupprimierten Personen notwendig.

Überwinterung

Da bei den Wasserschildkröten viele Arten ursprünglich aus Klimazonen mit deutlich ausgeprägten Jahreszeiten stammen, ist es wichtig, diese auch in der Haltung zu simulieren. Insbesondere die Winterruhe ist für die Gesunderhaltung und ein gleichmäßiges Wachstum wichtig. Allerdings gibt es große Unterschiede, wie die einzelnen Arten in der Natur überwintern. Während sich einige Arten für die Überwinterung ans Land zurückziehen, verkriechen sich andere Arten für mehrere Monate im Schlamm am Grund von Gewässern. Um die richtige Überwinterungsmethode zu finden, ist es daher unerlässlich, die gepflegte Art genau zu bestimmen und entsprechende Fachliteratur heranzuziehen. IVH/BNA